Täglich fließen große Mengen an warmem Abwasser, das beim Duschen, Kochen oder Waschen entsteht, in die Kanalisation. Dieses Abwasser weist ganzjährig relativ stabile Temperaturen zwischen 10 °C und 20 °C auf, was es zu einer attraktiven und konstanten Wärmequelle macht. Um dieses Potenzial für die Wärmewende zu erschließen, hat das Land Nordrhein-Westfalen zusammen mit NRW.Energy4Climate eine neue Initiative gestartet. Ziel ist es, die Nutzung von Abwasser als umweltfreundliche Wärmequelle voranzutreiben und die Wärmeversorgung in NRW klimaneutraler zu gestalten.
Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur betont die Bedeutung dieser Initiative, denn bis 2045 solle der Wärmebedarf von rund 200.000 Haushalten pro Jahr aus Abwasser gedeckt werden. Damit Abwasser eine zentrale Rolle bei der Wärmewende spiele, müssten mehrere hundert Projekte in die Wege geleitet werden. Bis 2030 werde eine jährliche Wärmeerzeugung von mindestens einer Terawattstunde aus Abwasser angestrebt.
Technologisch gesehen lässt sich die im Abwasser enthaltene Restwärme durch Wärmetauscher und Wärmepumpen effizient nutzen – sowohl für Heizungen im Winter als auch für Kühlungen im Sommer. Besonders in dicht besiedelten Gebieten, wo viel Abwasser anfällt und ein hoher Wärmebedarf besteht, bietet sich diese Lösung an. Technische Lösungen zur Erschließung der Wärme aus Kanälen oder Kläranlagen sind bereits verfügbar, werden aber bislang nur selten genutzt.
Abwasserwärme kann auf zwei Hauptwegen genutzt werden: durch Entnahme aus Abwasserkanälen oder aus dem Auslauf von Kläranlagen. In den weit verzweigten Kanalnetzen steht Abwasser fast überall zur Verfügung, besonders in Ballungsräumen, wo viele größere Gebäude, Quartiere oder gewerbliche Standorte versorgt werden könnten. Wärmeabnehmer könnten hier unter anderem Krankenhäuser, Schwimmbäder oder Wohnkomplexe sein. Die Wärme wird über Wärmepumpen auf das nötige Temperaturniveau gebracht.
Kläranlagen hingegen bieten die Möglichkeit, große Mengen an Abwärme zu entziehen, die in der Regel für die Versorgung von Fernwärmenetzen geeignet sind. Da das Abwasser, das durch Kläranlagen fließt, von Störstoffen befreit ist und aus den einzelnen Kanälen gebündelt wurde, hat es einen hohen Volumenstrom für die Wärmeauskopplung.
Laut aktuellen Schätzungen hat NRW ein theoretisches Potenzial von etwa 1,6 Gigawatt thermischer Leistung aus der Kanalisation und ebenso viel aus Kläranlagen. Zusammen könnte dies etwa zehn Prozent des Fernwärmebedarfs des Landes decken.
Die Initiative Abwasserwärme NRW will dieses Potenzial erschließen und die Umsetzung von Projekten beschleunigen, um die bislang ungenutzte Wärmequelle effektiv für die klimaneutrale Wärmeversorgung zu nutzen.
Die gemeinsame Grundsatzerklärung zur Nutzbarmachung der Potenziale von Abwasserwärme in Nordrhein-Westfalen finden Sie hier.
Marica Goncalves
Quellen: www.wirtschaft.nrw ; www.energy4climate.nrw