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Hoheitliche Pflichtaufgabe Abwasser – Problem oder “Schlechtrede-Mentalität”?

Wir haben seit über 100 Jahren eine funktionierende Abwasserentsorgung in Deutschland. 99% der Bevölkerung sind an die Kanalisation angeschlossen, unsere Kläranlagen gehören zu den Modernsten in Europa. Haben wir wirklich ein Problem?

HR: Hallo und herzlich willkommen zu unserem Podcast mit Dr. Agnes Janda zum Thema „Hoheitliche Pflichtaufgabe Abwasser – Eine Medaille mit zwei Seiten“. Liebe Agnes, schön, dass du wieder da bist. Ich darf gleich nahtlos an Teil eins anknüpfen mit der nächsten Frage. Jetzt haben wir seit über 100 Jahren eine funktionierende Abwasserentsorgung in Deutschland. Circa 99 % der Bevölkerung sind an der Kanalisation angeschlossen und unsere Kläranlagen gehören zu den modernsten in Europa. Haben wir wirklich ein Problem oder fällt das nicht eher in die allgemeine deutsche „Schlechtrede-Mentalität“?

AJ: Ja, tatsächlich. Wenn wir durch deutsche Städte laufen, dann haben wir nicht unbedingt den Eindruck bekommen, Deutschland hätte ein Problem mit seiner Abwasserentsorgung. Das liegt im Wesentlichen daran, dass diese Infrastruktur für den Bürger kaum sichtbar ist. Und solange die Abwasserableitung aus dem eigenen Haus funktioniert und der Keller nicht bei jedem dritten Regen vollläuft, scheint ja auch alles in Ordnung zu sein.

Da gibt es augenscheinlich viel dringlichere Themen, die uns in der Gesellschaft, in der kommunalen Gesellschaft bewegen. Nämlich unsere maroden Straßen, die Schulgebäude, die Brücken, die Autobahn, die ich nutzen muss, um zur Arbeit zu fahren und die jetzt vollgepflastert ist mit 1000 Baustellen. Das sind die Themen, die wir sehen und über die alle sprechen. Das Dilemma ist nur leider: Weil wir Dinge nicht sehen, sind sie eben trotzdem vorhanden. Und so ist es beim Abwasser. Wir haben eine Infrastruktur. Wir leben nur seit Jahren auf Kosten unserer Substanz. Wenn wir mal in die kommunalen Bilanzen schauen, dann werden wir feststellen, dass wir schon lange, lange Jahre unterhalb unserer Abschreibungsraten reinvestieren, dass wir die Investitionsmethoden oftmals nicht nach Zweckmäßigkeit auswählen, sondern nach dem Können des handelnden Ingenieurs vor Ort. Was heißt das? Wir kommen immer wieder in Kommunen – und dass finde ich jedes Mal verblüffend festzustellen – die uns sagen: „Wir renovieren hier immer in offener Bauweise“. Dann läuft man zehn Kilometer weiter zur nächsten Kommune. „Wir renovieren hier immer in geschlossener Bauweise“. Warum? Weil die Ingenieure, die man dann irgendwann bekommen und einstellen konnte (einzelne Personen) sich in dem einen oder anderen Verfahren wohler fühlen. Die sind mit dem einen oder anderen Verfahren vertrauter oder haben da ihre Kompetenzen. Also wird das angewendet. Es wird also nicht die Frage gestellt, welche Renovierung braucht dieser Schaden, sondern leider oftmals die Frage gestellt: „Welches Sanierungsverfahren beherrscht der Mensch, der hier vor Ort in meinem Tiefbauamt sitzt“? Und das gilt eben nicht nur für die Netze, sondern auch für die Anlagen. Also für die Sonderbaugewerke und für die großen Kläranlagen, die wir haben.

Was wir dann darüber hinaus beobachten, ist ein massives Gefälle zwischen den wenigen großen, sehr großen Betrieben, die sicherlich auch den Großteil unseres Abwassers mengenmäßig entsorgen und klären und den mittleren und vielen tausenden kleinen Betrieben. Also gehen Sie mal auf eine typische Abwasserveranstaltung. Ganz oft technikgetrieben oder regulatorisch getrieben, wenn es zum Beispiel um die kommunale Abwasserrichtlinie der EU geht. Da treffen wir letzten Endes auch immer die gleichen Branchenvertreter, vor allem größerer Städte und Verbände. Die Kleinen verirren sich kaum und wenn doch, dann mal sehr selten auf solche Veranstaltungen. Das heißt, die kriegen vieles, über das wir in der Branche sprechen und was letzten Endes den Standard ausmacht, von dem wir unserem Ruf nach, leben. Das kriegen die gar nicht mit.

HR: Das Phänomen kenne ich aus der Wasserversorgung eigentlich auch. Aber wir bleiben heute beim Abwasser. Lass uns mal Klartext sprechen. Welche Punkte hindern uns denn aktuell daran, insbesondere auf Ebene der kleinen und mittleren kommunalen Einheiten, exzellent aufgestellt zu sein?

AJ: Da kann ich viele Themen aufzählen. Und ich hoffe, unsere Hörer haben jetzt einen etwas längeren Atem. Und ich sage vorab: Das ist gar keine Anklage der kommunalen Einheit, sondern erst mal total nüchtern draufgeguckt. Was können wir, welche Möglichkeiten haben wir, in welche Lage hat man uns gebracht und ist das überhaupt lösbar? Vor diesem Hintergrund, glaube ich, muss man das sehen.

Erster Punkt: Das hängt allen längst zu den Ohren heraus. Ich muss es trotzdem sagen. Den Fachkräftemangel spüren wir täglich auf allen Ebenen im Abwassersektor. Wenn wir jetzt mal auf die nackten Zahlen gucken, dann stellen wir fest, dass im öffentlichen Dienst mehr als 550.000 Beschäftigte fehlen. Das muss man sich jetzt schon mal auf der Zunge zergehen lassen. Das ist eben wie der Heizungsinstallateur, den man anruft, der nicht kommt, weil er gerade keinen freien Mitarbeiter hat. Und den hat er auch die nächsten sechs Monate nicht. So ist es hier eben auch. Die Leute sind schlichtweg nicht da, also können sie nicht arbeiten und das gilt für alle Ebenen, vom kommunalen Entsorgungsbetrieb bis zur überwachenden Behörde. Das ist alles die Branche mit ihren verschiedenen Facetten. Das wird leider insofern noch schlimmer, als das in den nächsten zehn Jahren eben weitere 1,3 Millionen Menschen altersbedingt aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden.

Jetzt kann man sagen, na gut, die Stellen besetzen wir nach. Dafür brauchen wir zum einen Kollegen, die sich mit einer Ausbildung in die Branche begeben haben. Dann brauchen wir aber eben auch Techniker und Ingenieure, die ein Studium hinter sich gebracht haben. Da müssen wir leider feststellen, dass die Studierendenzahlen in dem Bereich seit Jahren rückläufig sind und uns natürlich dann konsequenterweise die Fachkräfte der Zukunft fehlen. Jetzt kann man überlegen, dass ja nicht jeder Abwasseringenieur oder jede Fachkraft zwingend im kommunalen Umfeld arbeiten muss. Das stimmt. Wir können auch einen Blick auf die Ingenieurbüros werfen. Da kriegen wir aber auch ein bisschen kalte Füße.

Wenn ich mir anschaue, wie die Anzahl der Ingenieurbüros, die wir zur Verfügung haben aussieht, dann ist die in den letzten Jahren eben auch rapide gesunken war. Hatten wir 2013 noch 101 135.000 Büros in dem Bereich, dann sind wir zehn Jahre später nur noch bei 115.000 und ich hoffe für uns alle, dass das jetzt nicht in diesem Tempo weitergeht. Das war das erste Thema „Fachkräfte“. Das hindert uns und das ist gar kein Vorwurf. Das ist eine Situation, mit der man umgehen muss und wo jede Kommune um Fachkräfte kämpft und wir eben auch feststellen, dass ganz viel gegenseitig abgeworben wird. Davon werden die Leute nicht mehr. Sie werden eben nur von Stadt A zu Stadt B verschoben.

Dann ist der zweite Punkt, der auch erst mal eine Situation beschreibt, mit der man dann kommunal umgehen muss. Ein Webfehler auf politischer Ebene, so würde ich das mal nennen. Also zum einen haben wir ja bekanntermaßen eine föderalistische Struktur in Deutschland und die führt eben auch zu sehr unterschiedlichen Pflichtprogrammen bei den Abwasserbetrieben. Wenn ich da nach NRW gucke, sind wir relativ streng reguliert und müssen nach der Überwachungsverordnung Abwasser z.B. das Kanalnetz mindestens in einem Zyklus von 15 Jahren vollständig befahren und die Schadensbilder bewerten.

Und dann gucke ich in andere Bundesländer, in denen es diese Pflicht überhaupt nicht gibt. Da wissen die Betriebe teilweise gar nicht, wo ihre Leitungen liegen, geschweige denn, in welchem Zustand sie sich befinden. Weil es eben keine rechtliche Verpflichtung dazu gibt. Nicht immer ist dann die Eigenmotivation oder auch das Geld oder auch das Wissen, das dann entsprechend zu tun, vorhanden. Ohne Zustandsdaten aber auch keinen Substanzerhalt. Das ist der erste Webfehler.

Zweiter Webfehler: Ich habe ein massives Vollzugsproblem auf behördlicher Ebene. Auf der einen Seite habe ich die Regulierung, bei der dann ganz viele Berichte ausgefüllt werden. Dann stellen wir fest, da werden lückenhafte, inkonsistente, widersprüchliche Berichte zur Selbstüberwachungsverordnung bei den Behörden abgegeben. Die erhalten diese Berichte über viele Jahre, schlagen aber überhaupt nicht Alarm. Dann können wir uns das Ganze tatsächlich auch sparen, wenn wir nur berichten der Berichtspflicht wegen aber gar keine Konsequenzen daraus ziehen.

Ich hatte ein Déjà-vu im Jahr 2023. Ende 2023 sind alle Kläranlagen Betreiber in Deutschland aufgefordert worden, von den einzelnen Bundesländern zum Stand ihrer Planungen in Sachen Phosphor Recycling zu berichten. Sie sind natürlich nicht überraschend aufgefordert worden, sondern das war lange klar. Wir sind bis heute eigentlich nicht in der Lage, das auszuwerten. Die Daten sind erst mal in jedem Land anders aufgenommen worden. Manche Länder konnten aber auch gar nicht so richtig aufnehmen und nicht alle haben geantwortet. Da haben wir Pflichten, die werden nicht erfüllt. Es macht also gar keinen Sinn, dass ich mir lange vorher überlege, wie hoch mein Pferd springen soll, wenn das Pferd entweder gar nicht springt oder am Hindernis vorbeiläuft. Diese Situation sehen wir, die kennen wir und die sitzen wir so ein Stück weit aus.

HR: Was spielt denn Digitalisierung in der Abwasserentsorgung für eine Rolle?

AJ: Digitalisierung spielt natürlich eine Rolle in der Abwasserwirtschaft und sie ist im Zusammenhang mit der Frage „Warum sind wir nicht exzellent?“ auch Teil des Problems. Jetzt kann man sich auch immer lange fragen, was Digitalisierung denn heißt. Sie hat auf jeden Fall viele Facetten, aber grundsätzlich muss ich sagen, ich stelle den meisten Entsorger keine gute Note in dem Bereich aus. Warum nicht? Schauen wir mal auf die Arbeitskräfte. Wir versuchen in der Regel immer noch, ausscheidende Arbeitskräfte durch neue Arbeitskräfte zu ersetzen. Ich wage mal die kühne Hypothese, das wird langfristig so nicht funktionieren. Wir haben Möglichkeiten am Markt Prozesse zu automatisieren und sie werden nur viel zu wenig genutzt.

Ich habe immer den starken Eindruck, dass wir doch halbe Weltmeister sind in Sachen Forschung und Entwicklung aber wir probieren dann zu wenig im echten Arbeitsalltag aus und bringen Innovation auch viel zu langsam in die Linien. Das kann vielleicht auch etwas mit Fehlerkultur und Eigenverantwortung zu tun haben. Wir „müssen“ ja nicht und bin ich am Ende derjenige, der dafür geradesteht, wenn es dann nicht funktioniert hat? Aber da werden wir übers Ausprobieren und übers Fehler machen, letzten Endes im kleinen Rahmen nicht hinwegkommen.

In diesen Prozess müssen wir hinein und dann können wir mit dem Thema Digitalisierung beim Ersatz von Arbeitskräften glaube ich an vielen Stellen uns selbst schon weiterhelfen. Das ist der eine Stichpunkt zum Thema Digitalisierung, den ich nennen würde. Der der zweite Stichpunkt ist, dass man sich ein bisschen überlegt was sind das für Daten, was mache ich mit denen? Erst einmal können wir jetzt auch hingehen und sagen das alles Quatsch ist, was die Frau Janda erzählt. Wir haben Prozessleitsysteme auf jeder Kläranlage. Viele Unternehmen unterziehen ihr Kanalnetz einer TV-Inspektion und das wird alles digital ausgewertet. Ja, das stimmt. Aber dann bin ich wieder bei dem Punkt „Was mache ich mit den Daten?“ Also sammle ich sie jetzt, weil eine Behörde sie sehen will? Oder sammele ich sie, weil ich einen konkreten Nutzen daraus ziehe und auch verstanden habe, was wir da eigentlich an Daten erheben? Und dann kommt es nämlich auf das Thema „Folgenutzung“ und auf das Thema „durchgängige Prozesse“ an und auch darum, dass wir uns kümmern müssen, solche Daten zu prüfen und auf Plausibilität zu untersuchen. Und an dem Schritt hören wir eben ganz oft dann auch wieder auf. Wir kommen auf Kläranlagen mit Prozessleitsystem, aber leider sind die archivierten Daten irgendwo im Nirwana. Ist schön, dass wir die immer aufgezeichnet haben. Aber wo sind sie jetzt eigentlich? Und hat irgendeiner mal geprüft, ob die stimmen? Oh, da wurde mal drei Tage gar nichts aufgenommen. Komisch, ist gar keinem aufgefallen. Das meine ich damit.

Wir sollten so ein bisschen weg vom Feigenblatt. „Ja, da habe ich was. Ich sammle Daten, Ich habe Technik gekauft – Messtechnik für viel Geld. Ich habe mir ein GIS gekauft, für Hunderttausende.“… Die Frage ist immer, was mache ich damit? Nutze ich es? Habe ich Leute unabled damit zu arbeiten und ziehe ich tatsächlich mein Nutzen, mein Profit aus dieser Technik? Da haben wir noch ein bisschen Nachholbedarf. Wir müssen gar nicht mehr alles erfinden, aber wir müssen anfangen, unsere Erfindungen zu nutzen und auch Neue langsam in die Organisation zu bringen.

Jetzt komme ich zum vierten Punkt – zu den Kosten, zu den Gebühren, die ja auch immer stark im Fokus stehen. Da gibt es jedes Jahr eine schöne Statistik vom Bund der Steuerzahler, der in der Regel der Meinung ist, Abwasser ist zu teuer. Ich würde jetzt mal provokativ sagen, das Gegenteil ist in vielen Fällen der Fall. Wir bezahlen teilweise zu wenig für Abwasser oder noch schlimmer – wir geben das Geld an falscher Stelle aus. Gebührenstabilität ist natürlich ein hohes Gut und ist mir auch total wichtig. aber noch wichtiger ist mir Wirtschaftlichkeit und zur Wirtschaftlichkeit gehört auch Substanzerhalt. Wenn ich mir die Gebührenstabilität erkaufe auf Kosten von massivem Substanzverzehr oder mangelnder Weiterbildung oder technische Ausstattung, dann ist weder meiner noch der nächsten Generation geholfen. Also es geht tatsächlich darum, das nötige Geld an der richtigen Stelle auszugeben. Im Wasser im Übrigen haben wir das Thema Wasserpreise auch ganz oft. Es gibt den schönen Begriff der politischen Wasserpreise, der nur leider gar nichts mit der Realität meiner Kosten zu tun.

HR: Ja. Es gibt viele Parallelen, stelle ich fest, liebe Agnes. Ich habe letzte Woche mit Prof. Dr. Norbert Jardin vom Ruhrverwandten einen Podcast gemacht. Da ging es um ähnliche Themen im Wasserbereich wie das Thema Fachkräftemangel. Dabei ist mir wieder aufgefallen, dass wir hier auch in der Lehre angreifen müssen. Das, was du jetzt gerade ansprichst, ist so prädestiniert für den klassischen Schul- und Hochschulalltag. Wir sind immer noch dabei, das Wissen in Köpfe zu pflanzen. Das Wissen ist dann da, die Daten sind da, aber keiner kann was damit anfangen, keiner kann sie anwenden, auswerten, umsetzen, interpretieren und ich glaube, das ist jetzt nicht nur in der Abwasserentsorgung oder Abwasserbehandlung so. Das ist die diese angewandte Wissenschaft „Just do it“ und Fehlerkultur. Mach einfach mal was, probier was aus. Ich glaube, in diese Richtung müssen wir unbedingt schnell fachübergreifend rein und die Probleme haben wir überall. Ich will jetzt gar nicht weiter selbst reden. Du hast noch zwei Punkte, die du noch ergänzen möchtest. Also „Feuer frei“ für dich.

AJ: Dann sind wir mit diesem harten Punkt auch zunächst mal am Ende. Durchaus auch nochmal eine Sache, die ich sagen kann: Liebe Tiefbauamtsleiter, liebe Kläranlagenleiter, liebe Verantwortliche in den Kommunen, ihr braucht euch gar nicht schlecht fühlen. Es ist auch nicht alles euer Problem und schon gar nicht von euch gemacht. Es sind eben die Rahmenbedingungen und wir dürfen nicht verkennen, dass Abwasser technisch echt anspruchsvoll ist. Ich bin selbst Volkswirtin und musste das schwer erlernen und mich auch wundern, wie viele Disziplinen eigentlich beim Thema Abwasserentsorgung mitmischen.

Vom Bauingenieur über den Hydrauliker, die Verfahrenstechniker, die Elektroingenieure. Es sind unendlich viele sehr spezielle Disziplinen unterwegs, die ihren Beitrag im Abwasser leisten. Insofern sage ich den Leuten in den Kommunen immer, dass es überhaupt nicht überraschend ist, dass ein Tiefbauamt mit wenigen Mitarbeitern und limitierten Spezifikationen am Ende gar nicht in der Lage ist, diese Aufgaben tatsächlich zu bewältigen. Es ist toll, dass der Gesetzgeber euch das Paket auf den Tisch gelegt hat aber ihr müsst euch jetzt eben überlegen, wie kriege ich das umgesetzt. Fakt ist, mit den wenigen People, die hier rumlaufen, werdet ihr das gar nicht umsetzen können. Auch das ist so ein Punkt, den man sich selbst vielleicht mal klar machen muss und über den meiner Ansicht nach in der Branche viel zu wenig gesprochen wird.

Nun mein aller letzter Punkt mit Dingen die uns noch auf die Füße fallen. Was würde uns dabei helfen, besser zu werden? Es würde uns dabei helfen, besser zu werden, wenn wir mehr integral denken würden. Es gibt diesen schönen Begriff des „Kirchturmdenkens“ oder die Daten Scientist sprechen immer von „Silodenken“ zwischen einzelnen Kommunen. Aber auch in den Fachbereichen innerhalb einer Kommune ist das leider ganz oft noch ein Normalzustand, dass jeder für sich selbst plant und damit eben viele Potenziale für gemeinsame Sanierungsvorhaben verschenkt. Es kommen dann immer alle ganz eilig angelaufen und sagen: Frau Janda, das ist gar nicht so. Wir treffen uns zweimal im Jahr und legen unsere Bauvorhaben auf den Tisch. Und genau das meine ich damit. Die Bauvorhaben sind dann nämlich alle schon geplant. Da wurden schon Sachen überlegt, die dann vorbereitet sind. Also sind sie fertig mit der Planung und dann trifft man sich und guckt mal, ob das passen könnte. Das ist für mich keine integrale Planung, sondern integrale Planung ist für mich: Wir legen die Daten, die wir haben übereinander. Wo habe ich eine kaputte Straße? Wo habe ich einen kaputten Kanal? Wo habe ich ein Starkregen Gefahrengebiet? Wo möchte ich vielleicht begrünen, weil da eine Hitze Insel ist? Da gibt es ganz viele Daten, die ich übereinanderlegen kann und dann überlege ich mir in einer Stadt, wo ich eigentlich angreifen muss. Das ist für mich integrale Planung und da müssen wir noch ein Stück Weg zurücklegen, um da anzukommen. Das macht eben was beim Thema „Exzellenz der Abwasserwirtschaft“ aus denn auch damit könnten wir besser werden.

HR: Dann müssen wir, glaube ich, als erstes aus den Köpfen rauskriegen, dass es ein Problem ist ein Problem zu haben. Denn Probleme haben wir ja nicht. Wir müssen möglichst gut dastehen und jeder hat natürlich gerne was Positives auf dem Tisch liegen. Aber Probleme hat jede Gemeinde, jede Kommune, jede Stadt und ich möchte fast behaupten, mehr oder weniger auch Bundesland übergreifend – Föderalismus hin oder her – die gleichen. Vielleicht müssen wir da noch ein bisschen mehr am Mut arbeiten mal die Fakten auf den Tisch zu legen und die Hosen runterlassen. Wir haben das Problem und wir hätten es jetzt wie folgt gelöst oder wir würden sie lösen, aber vielleicht gibt es einen innovativen Ansatz, vielleicht hat jemand ein Best Practice Beispiel. Ich glaube, wir brauchen jetzt alle einen Cut. Das war so richtig harter Tobak, den du uns hier präsentiert hast und daher würde ich sagen Ende Teil zwei. Im nächsten Teil gehen wir in die Lösungsansätze, denn die Medaille hat zwei Seiten.